Beinhaus
Das Beinhaus, welches schon einen gewissen Bekanntheitsgrad hat, war und ist mein Favorit bei dieser Reise.
Als wir dort nach der Besichtigung der Kirche ankommen, erklärt uns Michal unser Führer erst einmal, dass das Krematorium sich wie der schiefe Turm von Pisa, langsam aber stetig immer weiter neigt. Man habe sogar schon ein weiteres gebeude angebaut, um die Neigung durch eine Art Gegengewicht zu stoppen.
Die untergegangene Sonne färbt, die sich langsam auflösenden Regenwolken des Abendhimmels über dem Freidhof in ein blutiges rot. Gerade so, als wollte der Himmel uns zu verstehen geben, was wir gleich sehen werden.
Michael erklärt uns die Hintergründe und warum er immer ein mulmig schlechtes Gefühl und Gewissen hat, wenn hier jemand Bilder von den Knochen der ca. 40.000 Pesttoten macht, wovon ca. 10.000 Stück von František Rint um 1870 zwar makaber, aber dennoch künstlerisch verarbeitet wurden.
Ich lasse hier einfach die Bilder für sich sprechen:
Die nach zistiersienser Art, karg geschmückte und doch imposante Kathedrale haben wir verlassen und machen uns auf den Weg zum Beinhaus.
Das liegt etwa 500 Meter weiter inmitten eines kleinen Friedhofs.
Eigentlich ist das ja ein Grab mit Marienkapelle obendrauf. Beides zusammen, so erklärt Michel soll das tiefe, irdisch Sterbliche und das geistig, himmelwärts Fahrende darstellen.
Im unteren Teil (Grab) des Beinhauses waren zu Anfang 6 pyramidenförmige Knochenstabel aufgeschichtet. Michel kann nicht so recht erklären, warum die Menschen zur damaligen Zeit keine Angst hatten, sich an den Knochen mit der Pest anzustecken. Ihm ist es jedenfalls nicht geheuer.
Für ihn zeigen sich hier auch die zwei Seiten einer Medallie. Einerseits sollten die Toten hier ihre Ruhe haben. Anderseits werden die Einnahmen benötigt, um Kathedrale und Beinhaus instand halten zu können.
Zwei dieser Stabel wurden für die "Dekoration" verwendet. Die übrigen vier sind hinter Holz- und Metallgitter aufgeschichtet, mit je einer großen Krone obendrauf.
Es riecht muffig und feucht. 2 sehr kleine Fenster lassen etwas Luft hinein.
Trotzdem fühle ich mich hier nicht wohl. Eigentlich sollte man doch die Toten ruhen lassen.
Das meinte wohl auch ein Besucher vor ein paar Jahren. Michel erzählt eine tragischkomische Geschichte:
Ein paar Jahre zuvor, kam ein Besucher ins Beinhaus. Er zahlte Eintritt und ging mit seiner großen Umhängetasche hinunter.
Es vergingen 5 min, dann 10 min. und schließlich 15 min. Der Kassierer sah den Besucher nicht mehr. (Das Beinhaus hat eine begehbare Grundfläche von vielleicht 30/40 qm)
Er folgte dem Besucher nach unten und ging ums Eck einer Knochenpyramide.
Dort tanzte der "Teufel". Mit Hörner bewert und nur einem Lendenschurz bekleidet, sprang der Unbekannte hin und her.
Nachdem sich der Kassierer vom ersten Schreck erholt hatte, bat er darum der Unbekannte möge aufhören. Doch dieser flüchtete nach draußen.
Die herbeigerufene Polizei nahm nach einer kurzen Verfolgung einen ...
australischen Aboriginie fest.
Einen echten Stammesmedizinmann.
Er berichtete den erstaunten Beamten, dass er von dem Beinhaus gehört habe und nun extra hergekommen sei, um den Totentanz für den Seelenfrieden für die Geister des Beinhauses zu tanzen.
Michel erzählt dies Geschichte und fragt mich ob ich mich in der Gruft im Auge des Todes ängstlich fühle. Darüber muss ich kurz nachdenken.
Wir sind Biker und haben den Tod quasi im Handgepäck. Krass gesehen.
Meine Antwort für Michel war die folgende: "Ich habe Respekt, keine Angst."
Das hat ihm gefallen. Auch meine Erläuterung, dass wir beim Motorradfahren immer auch den Respekt vor Verletzung und Tod im Hinterkopf haben.
Larissa 25.06.2012