Langsam krieche ich unter den Decken vor. Ein leises Rumoren von draußen hat mich geweckt. Unsere „Nachbarn" sind auf dem Weg zum Frühstück. Ich hol erstmal die verpasste heiße Dusche von gestern nach, und pack dann bis auf den Packsack alles schon mal aufs Moped.

Es ist immer noch reichlich frisch. Auf dem Weg zum Frühstück kommen uns die polnischen Reisenden entgegen. Schade, jetzt haben wir sie doch verpasst. Wir hätten uns gerne mit ihnen unterhalten.

So genießen wir ganz allein in einem Speisesaal für mindestens 40/50 Personen ein ausgezeichnetes Frühstück. Ein Panoramafenster gibt den Blick frei auf einen großen Fischteich und ganz viel Natur.

Da lässt es sich aushalten und wir lassen uns Zeit fürs Frühstück. Uns ist sowieso noch zu kalt zum fahren. Das Thermometer an der Hauswand bestätigt unsere Vermutung. Es hat 12 °C im Schatten. Um noch etwas Zeit verstreichen zu lassen, gehen wir den
„Wolf" fotografieren. Der gelbliche Fellberg entpuppt sich als Hütehund, allerdings ein richtig großer.

Immer noch ist es kühl, aber nun müssen wir weiter, denn wir wollen so nah wie möglich bei Istanbul übernachten; und ein Stück der Schwarzmeerküste möchten wir heute auch noch sehen.

Starthilfe für die Kischt war nach der kalten Nacht selzahmerweise nicht nötig, aber sie springt immer schlechter an. An der nächsten Tankstelle ist es dafür dann wieder soweit. D'Kischt lässt sich nur mit Überbrückung starten.

 

Tilman ist genervt, dass ich immer meinen Gepäcksack abnehmen muss, damit die
Starhilfe funktioniert. Im nächsten größeren Ort entdecken wir ein Geschäft,
das sich „Oto elektrik" nennt und eine große Batterie im Werbeschild hat.
Vielleicht kriegen wir da ein Kabel, dann können wir von meiner Batterie aus,
ein Kabel nach außen verlegen.

 

Tilman kann zwar nur ein paar Brocken Türkisch aber mit Händen und Füßen verstehen er und der Meister sich quasi sofort. Techniker haben halt eine eigene Sprache, egal in welchem Land sie grade unterwegs sind. Innerhalb von einer halben Stunde sind Kabel für die Starthilfe nach außen verlegt. Nochmal 10 Minuten später sind auch die Isolierkappen für evetuelle Regenfahrten gebastelt.

 

Frischen Mutes können wir nun weiterfahren. Ich muss nun den Packsack nicht mehr abnehmen. Außer zum schlafen gehen. Genial!

Die Route ans Schwarze Meer führt uns über eine 4 spurige Schnellstraße. Ziemlich plötzlich wird diese zur bequemen Landstraße und kurz darauf fast zum einspurigen Landweg. Sind wir überhaupt noch richtig? Laut Navi ist das Meer nicht weiter als 15 km weg. Wir fahren sehr hoch oben, können aber vor lauter Haselnussplantagen keine Blick auf's Meer erhaschen.

 

Die Sträucher wachsen hier wie Bäume und die Straße geht wie ein Hohlweg
mittendurch. Gerade waren wir noch damit beschäftigt, engste Kurven zu meistern
und im nächsten Moment fährst du direkt aufs Meer zu. Überrascht von dieser
Landschaft und der Streckenführung, wollen wir das „Wow"-Gefühl noch mehr
auskosten.

Dafür suchen wir uns im nächsten Ort direkt am Meer ein Lokal. Unsere Augen genießen die Farbe des Meeres und das satte Grün der Bäume. Wir verdrücken 4 Lahmacun und einen großen Salat.

 

Wenn wir jetzt noch eine Übernachtungsmöglichkeit am großen Wasser finden, wäre das super. Deshalb ist unser nächstes Ziel, ungefähr eine Wegstunde entfernt: Ağva.

 

Wieder wechselt die Schnellstraße abrupt zur Landstrasse und umgekehrt. Da musst du echt aufpassen, weil das auch mal gleich nach einer Kurve passieren kann.

 

Gerade fahren wir Landstraße, da entdecken wir eine Kuhherde. Eigentlich nichts besonders, außer dass sich diese auf dem Hafenkai befindet. Das gibt coole Fotos und so sind auch wir kurze Zeit später auf dem Kai angekommen. Umringt von Kühen, das ist ein sonderbares Gefühl, auch weil diese hier ihre Hörner nicht abgefeilt bekommen. Die ein oder andere muht mies gelaunt und senkt den Kopf. Da machen wir uns doch lieber wieder vom Acker.

Auf dieser Strecke haben wir nicht so oft angehalten, sondern einfach das Fahren
genossen. Ihr liebe Leser müsst euch also zurücklehnen, die Augen schließen und
ein wenig mit uns in der Phantasie fahren.

In Ağva angekommen, sehen wir gleich, dass hier im Sommer der türkische Bär tobt. Souvinierläden, Eisdielen, Boutiquen mit Schnickschnack und Restaurants reihen sich hier aneinander. Wir entdecken auch gleich am Ortsausgang einen „Campingplatz". Der kommt uns aber ein wenig komisch vor. An den schon aufgebauten Zelten hängen rote Herzchen, und die Beleuchtung an der Bar ist demoliert. Ob das ein Liebescampingplatz ist? Wir wollen das lieber nicht herausfinden und fahren weiter.

Keinen Kilometer weiter ist dann auch schon der nächste Bungalowcamping ausgeschildert. Laut Preisschild am Eingang, kann man für 25 TL hier für eine Woche einen Bungalow mieten. Platz für Zelte gibt es auch. Durch die Bäume können wir
einen Blick auf die Rezeption erhaschen und sehen auch Autos stehen. Fragen
kostet ja nichts, also fahren wir mal hin.

 

Auf meine Frage was ein Zelt, zwei Motorräder und zwei Personen kostet, bekomme ein Angebot über 70TL (!) Entsetzt schütteln wir den Kopf. Nachdem ich entschieden mit „yok" geantwortet habe und wieder auf's Motorrad steige, bekommen wir ein neues Angebot: 50 TL.

Das finde ich nun echt frech. Für eine Woche Bungalow müsste ich ja nur die Hälfte
zahlen. Irgendwie kann ich das dem Platzwart aber nicht klarmachen. Vieleicht stellt er sich aber auch nur einfach einwenig doof.

 

Per Funk beschließen wir, dass wir lieber wild Campen als so einen Preis zu bezahlen. Wir schütteln unsere Köpfe und greifen zum Zündschlüssel. Noch bevor wir starten können, hält mir der Platzwart sein Handy mit der Zahl 25 unter die Nase. Geht doch!

 

Ich vergewissere mich, dass das wirklich für ein Zelt, zwei Motorräder, zwei Personen und eine Nacht ist. Ist es. Damit können wir leben und bezahlen den gewünschten Betrag sofort.

Unser Zelt steht in Rekordgeschwindigkeit. Nach der ersten Benutzung müssen wir leider feststellen: Die Toilette ist unter aller sau. Sowohl Tilman als auch ich verkneifen uns weitere Gänge dorthin.

Der Platz liegt dafür fast direkt am Meer und sobald die Sonne nicht mehr in jede Ecke kommt, wird es schnell feucht. In der Nacht höre ich Hundegebell und Schüsse. Wildes Campen wäre wohl doch nicht so toll gewesen. Außerdem ist ein Tropfen zu vernehmen. Regnet es etwa? Bei genauerem Hinhören ist das Tropfen zu unregelmäßig für Regen. Wo kommt das bloß her?

 

Für meine Blase ist das nicht gut. Um 3:28 Uhr muss ich trotzdem raus. Dabei muss ich feststellen, dass das Zelt klatschnass ist, innen wie außen, obwohl es nicht
regnet, denn der Himmel ist sternenklar. Und was für ein Sternenhimmel! Wäre
das Zelt nicht so verlockend warm, wäre ich bestimmt noch lange in die Betrachtung des Himmels versunken.