Noch vor dem Hahnenkrähen klingelt der Wecker. Da wir wild Campen, wollen wir noch vor dem Morgengrauen wieder weg sein. Ich habe tief und fest geschlafen. Tilman nicht, denn er hat erstens wilde, unbekannte Tiere gehört und zweitens machte es ihm große Sorge, dass wildes Campen in Griechenland strengstens verboten ist, und drastische Strafen drohen. Es ist noch ganz schön kühl, als wir losfahren.

An der Tankstelle wieder das ungläubige Fragen nach dem volltanken. Ich spring noch „schnell" auf die Toilette. Weiter geht es zurück auf die Autobahn in Richtung Grenze.

Nach so ca. einer Stunde machen wir eine Frühstücks- und aufwärm Pause. Ich hätte nicht gedacht, dass es hier morgens so kühl ist. Wir sind fast alleine auf der Straße so früh am Morgen.

 

Es hält noch ein belgisches Ehepaar mit seinem Wohnmobil. Er ist ganz begeistert von unserer Tour und erzählt, wir sollten doch gleich nach Indien weiterfahren. Da wäre er auch schon mit einer Enfield unterwegs gewesen. Allerdings sollte man in Indien wissen, welcher Teil der Straße einem zugeteilt ist.

 

Für uns ist jetzt erst mal die Autobahn Richtung Türkei zuständig. Da wir schon so früh los sind, ist es grade mal später Vormittag als wir die Grenze erreichen.

Zuerst die griechische Kontrolle. Der PKW vor uns muss an die Seite fahren. Irgendwas stimmt da wohl nicht. Uns fällt das Herz in die Hosentasche, wenn die hier so streng sind, was erwartet uns erst an der türkischen Grenze? Wir rollen an den Posten heran.

 

Ein kurz angebundenes „Passport Please!".

 

Tilman hält seinen Pass hoch und wird unglaublicherweise einfach durchgewunken. Ich ebenso. Wenn uns jetzt einer sehen könnte. Solche ungläubigen Gesichter habt ihr bestimmt noch nicht gesehen.

 

Weiter geht es. Plötzlich tauchen bewaffnete Soldaten auf. Sonnenbrille runter, kurz Nicken und wir dürfen weiterfahren. Das passiert noch zweimal. Einer der Soldaten salutiert sogar. Ziemlich verwirrt überqueren wir das Grenzschild der Türkei. Wo ist der Grenzposten, der unsere Fahrzeuge im Reisepass einträgt? War das etwa schon
alles?

 

Natürlich nicht. Das türkische Einreiseprozedere hat noch gar nicht angefangen. Noch eine Ecke weiter, erreichen wir das Zollhaus.

 

Der Zollbeamte nimmt unsere Papiere tippt jede Menge Daten in den PC ein. Ohne Eintrag im Pass, kein Einreisestempel, kein Fahrzeugeintrag. Wir halten hinter dem Posten und laufen zu Fuß zurück. Auf die Frage warum das nicht drin sei, werden wir weitergeschickt zum 2. Zollhaus.

 

Aha so geht das hier jeder hat einen wichtigen Posten. Der Personalienüberprüfer und der Eintragsbeamte, denken wir. Wieder geben wir unsere Papiere am Schalter ab, und werden diesmal gebeten am Rand zu parken.

 

Unsere Befürchtung das ganze Gepäck abladen zu müssen erweist sich als unbegründet. Es gibt Probleme, weil der Personalienüberprüfer statt eines „I" eine „1" bei Tilmans Kennzeichen eingegeben hat. Das lässt sich gottseidank mit einem kurzen Anruf und einer PC-Korrektur beheben. Wir kriegen unsere heiß ersehnten Stempel.

Yippie wir sind durch, denken wir. Pustekuchen. Noch ein 3. Zollhaus. Diesmal überprüft wohl der Oberüberprüfer ob alles richtig eingetragen ist. In meine Papiere hab ich ein Bild meiner Tochter platziert. Augenzwinkernd werde ich gefragt ob ich das sei. Ehrlich gebe ich zur Antwort, dass das meine Tochter sei. Mit einem Lachen und  einem „chok güsel" (sehr hübsch) werde ich entlassen.

Nun sind wir aber wirklich durch. Nach Beschreibung meiner Freundin Ikbal, finden wir ihr Heimatdorf „Yenikarpuzlu" auch auf Anhieb. Einfach mitten reinfahren und fragen lautet meine Devise. Tilman zweifelt da noch etwas dran.

An einer ziemlich verlassenen Ecke, frage ich den Erstbesten der vorbeikommt nach „Zekiye tayze“. Siehe da, das ist der Schwager, des Bruders, der Mutter von …? Jedenfalls ein Verwandter. Nicht mal 5 Minuten später haben wir das gewünschte Ziel
erreicht.

 

Mit offenen Armen werden wir empfangen. Meine kleine Adoptiv-Anne ist ganz hin und weg von unserem Besuch. Ihr türkisch verstehe ich immer noch nicht, aber die Gesten und die Freudentränen auch noch 2 Stunden später sagen mehr als tausend Worte.

 

Kurzer Hand setzen wir Ikbals Mama auf Larissas Motorrad und stellen die anderen auch noch dazu.

Wir sind grade angekommen und schon ruft Ikbal an. Sie hat über Internet verfolgt, wann wir an die Grenze gekommen sind. Gleich wird hin und her übersetzt per Telefon. Wir möchten nur kurz duschen eine kleine Pause einlegen und wenn möglich einen Arzt zur Kontrolle meines Fingers aufsuchen. Alles kein Problem. Erst mal aber Tee (Çay) trinken.

 

Mein Türkisch ist schon eingerostet, mir fehlen die Worte, aber mit Hilfe des Wörterbuches, Pantomime und Empathie können wir sogar erklären was wir noch so alles grob vorhaben.

 

Damit unsere Prepaidkarten auch funktionieren, muss Tilman diese erst noch im Netz freischalten. Tja, das hätten wir auch von zu Hause aus schon erledigen können. Hätten wir die Bedienungsanleitung nur genauer gelesen!

 

Bevor wir zum Arzt gehen, dusch ich noch kurz. Ikbals großer Bruder und seine Frau bringen uns zum Dorf-Arzt. So einen Arzt hab ich noch nicht gesehen. Der kommt rein und ich denk: Ist das der Dorfmetzger?

In seinem Sprechzimmer sitze ich sehr viel tiefer wie er. An der Wand hängt eine Tafel auf der mit Tieren und Obst die Zahlen erklärt werden. Tilman zählt türkisch bis zur sieben. Dafür bekommt er ein Schulterklopfen und ein begeistertes Grinsen.

 

Zu unserer Überraschung spricht Dr. Mehmet Evcehm sehr gut englisch. Ich kann mich also direkt verständigen und brauche keinen Dolmetscher. Hypervorsichtig entfernt der Doc mit seinen Riesenhänden den Verband. Immer wieder schüttet er Natriumchlorid-Lösung darüber.

 

Schließlich mach ich das mit Hilfe der Krankenschwester selber weg. Das tut am wenigsten weh. Tilman macht Fotos und die ganze restliche Familie macht sich ein Bild über meine Verletzung. Der Doc teilt mir mit, dass alles soweit gut aussieht. Keine Entzündung, allerdings soll ich noch Antibiotika nehmen für die weitere Tour, und nach ca. 4 Tagen noch mal kontrollieren lassen und neu verbinden.

Mit der Bemerkung, wir sind Gäste einer Familie des Dorfes, also sind wir auch seine Gäste wird unser Zahlungswunsch zunichte gemacht.

 

Wir holen noch die Antibiotika und dann kann auch Tilman duschen gehen. In der Zwischenzeit sind auch unsere Handys freigeschaltet. Läuft alles prima. Ich schick Tilman gleich nochmal los, damit der Arzt auf seinem Helm unterschreiben kann. Alle die uns helfen, sollen dort drauf. Der griechische Batterieverkäufer und sein Sohn waren die Ersten.

 

Die anschlließende liebe Einladung zum Essen dürfen wir nicht ausschlagen. Hühnersuppe, Reis, Kartoffeln und Hühnerbein sind eine gute Grundlage zum weiterfahren. Ich genieße noch die zuckersüßen lecker eingelegten Feigen. Schweren Herzens lassen uns unsere Gastgeber ziehen. Wir wollen noch weiter, denn wir haben noch einen weiten Weg vor uns die nächsten Wochen.

Haydi, haydi. (zu Deutsch: Auf, auf!) Die Straße ruft. Unserer weiteren Route nach Canakkale folgend, machen wir einen Stopp in Keşan damit Tilman noch Geld holen kann. Der Automat rückt aber nicht mehr als 200 TL (rund 95 €) raus. Das langt ja grad mal für 2x tanken. Ok, das Finanzproblem werden wir morgen lösen. Es wird schon dämmrig und wir wollen das Zelt nicht im Dunkeln aufbauen.

Mitten in einer Baustelle erscheint ein Schild mit der Aufschrift: Restaurant, Kaffee, Camping. Über den frischaufgetragen Teer der Straße geht es ein steinig-sandiges Stückchen nach unten. Auf die Frage „Camping?" erhalten wir ein Nicken und einen Fingerzeig. Auf dem Platz sind wir bis auf ein kleines Rudel Kaninchen alleine. Diese
dienen wohl dazu, den Rasen kurz zu halten und gleichzeitig zu düngen. Die Dusche benutzen wir, nach einer kurzen Besichtigung, lieber nicht. Zu Ekelig ist es dort. Obwohl uns extra warmes Wasser in einem Kessel gebracht wird, verzichten wir lieber auch hierauf.

Das Zelt steht. Wir bekommen tatsächlich ein Verlängerungskabel, welches keine einzige VDE-Vorschrift mehr erfüllt. Doch das wird hier nicht so genau genommen und wir können unsere Geräte aufladen. Tilman schreibt die ersten Eindrücke ins Diary. Ich weigere mich was einzutippen, weil ich mit dem dicken Finger immer mehrere Tasten auf einmal erwisch. Auch den Kontakt zu den lieben daheim, stellen wir über die neuen Handynummern her.

In der Nacht muss ich ein dringendes Bedürfnis erledigen. Auf einmal rennt bellend ein Hund aus dem Dunkeln auf mich zu. Was für ein Schreck. Ich bleib mal lieber stehen, damit ich nicht zur Beute werde. Während ich mir überlege, was am besten zu tun ist, werde ich beschnuffelt, kurz umrundet und der Check fällt wohl positiv aus. Für die restliche Nacht haben wir einen Wachhund bei den Mopeds liegen.



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Morgens um 5 Uhr Wecker. Aufstehen, später, weil kalt.

Noch dunkel genug, damit uns niemand sieht.

Bei Abfahrt Leute.

An der Tanke (Morgenrot) wieder die Frage „Wirklich Voll?"

Der hat bestimmt ein Fest gefeiert von der Kohle.

Nach 80 km war es noch immer so kalt, dass wir erst mal eine kleine Pause eingelegt haben.

Treffen von Belgiern die erzählten, dass man unbedingt nach Indien fahren muss mit dem Motorrad.

An der Tanke (letzt gedachte vor der Türkei) wieder die Frage „Wirklich Voll?". Ausgrabungen

Kurz vor der Grenze treffen wir das Auto der Belgier wieder und überholen.

An der Grenze angekommen, werden wir auf der griechischen Seite nur nach dem Reisepass gefragt. Angesehen hat er ihn aber nur von außen und hat uns durch gewunken, weil er am telefonieren war. Das Angebot nehmen wir doch gern an und fahren weiter.

Ikbals Mama

 

Katze die sich dauernd unter die Plane des Zeltes

Schnakenjagd

Wäsche auswringen mit einer Hand

Pläne schmieden bis Troja