Eine kurze Katzenwäsche am Morgen muss genügen, um die Lebensgeister zu wecken. Zu unserem Wachhund hat sich gleich noch das Jungrudel gesellt. Am liebsten würden wir die mitnehmen. Zu schlau ist ihr tollpatschiges Spiel. Das Zelt ist abgebaut, das Gepäck wieder verstaut und wir würden gern zahlen. Doch keiner ist hier. Wir warten, und warten, und warten. Niemand kommt. Wir würden schon gerne die Platzmiete zahlen, typisch deutsch halt. Doch wir wissen nicht wie das hier gehandhabt wird. Nach so einer dreiviertel Stunde des Wartens, schlendern wir zum benachbarten Kaffeehaus. Nach einem kurzen Telefonat vom Chef, erfahren wir: Der Platz kostet euch nichts. OK, dann nehmen wir wenigstens noch Trinkasser in Flaschen mit, damit wenigstens ein klein wenig Umsatz läuft.

Die breite, gut ausgebaute, vierspurige Straße wird zur einspurigen Landstraße. Nichts ahnend fahren wir so vor uns hin. Doch dann plötzlich, Polizei! Waren wir zu schnell? Haben wir irgendwelche Vorschriften missachtet? Haben wir uns zu deutsch verhalten? Wir werden raus gewunken. Fahrzeugpapiere und Führerschein werden eingezogen, kontrolliert und notiert. Dann dürfen wir weiterfahren. Komisch, kein Ticket, keine Information was wir falsch gemacht haben könnten.

 

Achselzuckend fahren weiter nach Canakkale. Eine nette Straße, die laut der aktuellsten Navi-Karte im Wasser zu liegen scheint, führt direkt zur Fähre am Hafen. Für 10 TL pro Person können wir sofort „einchecken". Tilman bleibt lieber auf seiner Maschine sitzen. Es doch ziemlich wackelig auf der kleinen Fähre über den Bosperus.

Ich geh mich umgucken und versuch ein paar schöne Bilder zu machen, in der kurzen Zeit der Überfahrt. Dabei entdecke ich ganz vorne Motorräder. Die muss ich doch gleich mal ansprechen. Sie kommen aus der französischen Schweiz und wollen innerhalb der nächsten 3 Tage Kappadokien erreichen. Ob sie das schaffen? Wir haben da so unsere Zweifel.

Auch Tilman wurde gleich angesprochen. Ein sehr asiatisch aussehender Rollerfahrer vor ihm fragt ihn mit holperigem englisch ein wenig aus. Seine Frage was für eine Marke mein Motorrad sei, beantworte ich mit Honda. Darauf schaut er leicht mitleidig zu Tilman und meint Honda ist gut, BMW sosolala. Ich grins in mich rein.

In Cannakkale angekommen, parken wir erst kurz am Taxistand, damit Tilman seinen Kumpel in Izmir anrufen kann. Ufuk stellt uns in Aussicht, eventuell die Galvanik in Izmir anschauen zu dürfen. Das wäre natürlich genial. Auch die Schweizer haben angehalten um den weiteren Weg zu besprechen.

Plötzlich ein Aufschrei: „Scheisssseeeee!“, Tilmans Motorrad beginnt zu kippen. Er kann es grade noch so halten und vor dem Aufschlag auf den Boden retten. Aber alleine aufrichten ist unmöglich bei dem Gewicht. Die Schweizer eilen herbei halten die BMW so lange fest, bis das ganze Gepäck abgeladen ist. Jetzt sehen wir auch was passiert ist: Die Halterung des Seitenständers ist unter dem großen Gewicht der Überladung abgebrochen! Im Stillen denk ich: Wie war das mit Honda und BMW?

Mit Schwung wird die Maschine auf den Hauptständer gewuchtet. Was nun? Wo könnten wir das schweißen lassen? Oder heißt es hier abbrechen und heim?

 

Aber so schnell wollen wir nicht aufgeben. Die Taxifahrer wollen helfen. Mit dem Wörterbuch bewaffnet macht Tilman ihnen klar, dass er eine Möglichkeit zum Schweißen braucht. Mit ein wenig Englisch, noch weniger Brocken Deutsch, Händen und Füßen, machen sie uns klar, dass sie die Polizei gerufen haben. Bitte nicht schon wieder!

 

Doch welche Überraschung, der Polizist kommt auf einer BMW daher und kann ganz gut Englisch sprechen.

„Haydi, haydi“, Tilman soll ihm hinterfahren. Die „Kischt“ von Tilman springt nicht mehr an. Der Seitenständerschalter hat was abgekriegt. Also Kabel durchtrennen und notdürftig überbrücken. Die Taxler helfen Tilman beim Überbrücken.

Nachdem die Zwei weg sind, fängt für mich eine lange Zeit des Wartens an. Ich werde von den Taxifahrern liebevoll mit Cay versorgt, und döse ein wenig im Schatten. Der Anlegesteg bietet reichlich Abwechslung, von der muslimischen Frauengruppe bis zum Harley Davidson Motorradclub ist alles vertreten. Nachdem ich aber auch noch fast einen Heiratsantrag bekomme, hoffe ich dass Tilman bald fertig ist.

Tilmans Schweißerbericht …

Soweit so gut. Unsere Helfer haben auf dem Helm unterschrieben, das Gepäck ist wieder aufgeladen. Wir wollen jetzt erst was essen, tanken und dann einen
Campingplatz suchen. Genau in dieser Reihenfolge! In einem „IN“-Lokal gibt’s einen Doppelburger und auch eine Tankstelle ist schnell gefunden. Falls möglich, wollen wir in Izmir bei Ufuk einiges an Gepäck zurücklassen, welches wir evtl. in Istanbul wieder mitnehmen wollen. Wenn wir jetzt noch einen Campingplatz finden, ist für heute Feierabend.

 

Laut meiner Karte, sollen es drei Plätze hintereinander am Meer geben. Also runter von der Schnellstraße und nachfragen. Ob es ein schöner sein soll, fragt der Tankwart. Nein, nur zum Schlafen und Frisch machen. Ok, dann sollen wir an der nächsten Ampel rechts, nächste links und nach 3 km müssten wir da sein.

 

Ich hoffe, ich habe alles richtig verstanden, denn die Straße wird immer holpriger und kleiner. Was wir finden, ist ein ziemlich runtergekommenes Strandbarcamping. Egal. Es liegt direkt am Meer und hat Duschen. Übermütig stürzt sich Tilman in die Fluten des Marmara-Meeres. Allerdings nicht für lange, denn es ist recht kalt. Wäsche waschen, kalt duschen und ab in die Heia.