Um 4.30 Uhr klingelt uns der Wecker jäh aus unseren Träumen. Verschlafen verstauen wir im Rucksack ein kleines Vesper und auch die Kamera findet darin Platz. Wir nehmen vorsichtshalber zu den Fließjacken noch die Windjacken mit. So langsam sind wir richtige Frostbeulen geworden, alles was unter 24 Grad liegt empfinden wir als kalt.

Pünktlich um 5:05 Uhr steht der Abholservice des Ballonflugveranstalters vor der Tür. Mit einer Kombination aus Müdigkeit und Aufregung steigen wir in den kleinen Bus ein. Es geht aber nicht wie erwartet gleich zu den Startplätzen sondern in eine Sammelstation" für Fluggäste. Dort dürfen unseren Obulus abliefern, bekommen einen Tee und ein Brötchen und werden einem Piloten zugeteilt.

Ich mach noch schnell ein Angstpipi und dann wird unser Pilot aufgerufen. Wir steigen wieder in einen Bus.

 

In einem etwas abgelegenen Tal hält der Transport an. Der Korb mit dem Ballon liegt schon bereit auf dem Boden. Unser Pilot Bekir und sein Team kümmern sich darum, dass sich der Ballon mit warmer Luft füllt.

Die Sonne ist noch nicht aufgegangen, es dämmert aber schon ein wenig und rund um uns herum steigen die ersten Ballons auf. Bei jedem Fauchen der Gasflaschen erglüht ein anderer Ballon in seinen Farben. Das ist spektakulär, weil du nie weißt welcher Ballon als nächster loslegt. Endlich ist auch unser Ballon zum Einsteigen bereitet. Ich geh gleich mal als Erste rein, damit ich ganz vorne beim Piloten stehen kann.

Dann Tilman und die restlichen Passagiere. Wie bei einem motorisierten Flug erhalten wir Anweisungen, wie wir uns bei einer ruppigen Landung zu verhalten haben. Notausstiege, Schwimmwesten und Spucktüten gibt es allerdings keine. Dann soll es losgehen, doch die Gasflasche ist leer. Was für ein Vertrauen erweckender Anfang. Schnell zeigt sich aber, dass Bekir ein wirklich erfahrener Pilot ist.

Ruhig und sicher steuert er seinen Ballon durch die inzwischen schon aufgestiegen Ballons, und das sind nicht wenige. Bestimmt so um die 40/50 Ballons suchen sich ihren Weg durch die Windströmungen über Kappadokien. Das Land breitet sich unter uns aus. Ich überlass Tilman das Fotografieren, und bin nur am Schauen und Staunen. Auf englisch sage ich zu Bekir, dass das da unten sein Land sei.

Ja, das ist Kappadokkien antwortet er mir, das ist meine Heimat. Mein Herz und meine Familie wohnen dort. Er erzählt mir auch von seinem kleinen Sohn und seiner Frau. Stolz ist er darauf ein Ballonpilot zu sein. Denn dafür hat er innerhalb eines halben Jahres alles über Thermik lernen müssen.

Und anschließend muss ein gut ausgebildeter Pilot erst noch zig Leerflüge machen, bevor er den ersten bemannten Flug starten darf. Damit er diesen auch gewissenhaft durchführt, darf er da nur seine Familie mitnehmen, denn auf die wird er besonders achten.

Auch die wunderbarsten Erlebnisse gehen zu Ende. Nach einer Stunde Fahrt landen wir sanft. Bekir's Bodencrew hat schon den Sekt und den Granatapfelsaft kaltgestellt, denn auf jede gute Landung wird angestoßen.

Überwältigt von den Bildern in unseren Köpfen, sitzen wir still im Bus und werden zum Hotel zurück gefahren. Gut dass Evelyn jetzt nicht da ist, ich glaube im Moment will keiner von uns beiden viele Worte verlieren.

Tilman versucht sich daran die Batterie einzubauen und das Licht der BMW schaltbar zu machen und ich verkrümel mich an das Laptop und schreibe Texte fürs Diary.
Jeder muss jetzt erstmal für sich sein, und jeder auf seine Weise die Bilder
verarbeiten.

Batterie – Einbau – Licht – Tilman

Nachdem Evelyn wieder da ist, diskutier ich mit ihr, ob ich in das Krankenhaus nach Nevshir gehe und die Fäden ziehen lasse oder lieber noch ein/zwei Tage warten soll. Meine Entscheidung ist recht schnell gefällt. Wenn der Arzt in Nevshehir sein ok
gibt, dann sollen die Fäden heute raus. Da wir ja noch eine Nacht bleiben, könnten
Komplikationen gleich behoben werden.

 

Auf der Kischt machen wir uns auf den Weg. Ich werde immer stiller, obwohl mir schon mal Fäden gezogen wurden, ist es mir doch mulmig bei der Menge an Stichen.

Tilman bericht mir fehlt da die
Erinnerung ;-)   zuviel aua, aua …

Der Dolmetscher bringt uns zur benachbarten Apotheke und zeigt uns auch den Weg zum Pforzheim Park. Ja das gibt es hier. Hat Pforzheim eigentlich einen Nevşehir-Park oder Straße?

Um meine Nerven zu beruhigen, trinken wir dort einen Mokka. Für Tilman reicht das
nicht, er braucht mehr Nahrung für den Magen. Ein paar Häuser weiter ist ein
Lahmacun-Haus. Dort erstehe ich zwei Lahmacun für 2 TL, Tilman muss ein bischen
warten, da ich erst noch genötigt werde, Salat mit den Mitarbeitern zu essen.

 

Dann fahren wir zurück und mein Nils H. steht völlig staubig und dreckig da, als
wäre ich Off-road gefahren. In Uchisar hat es nämlich inzwischen ein klein
wenig geregnet. Der Neid blitzt aus Tilmans Augenwinkeln, seine Kischt ist
sauberer als meine.

Heute ist unser letzter Abend in der Luxus-Höhle. Langsam packen wir unsere Siebensachen zusammen. Im Moto-Diary aktualisieren wir noch das oder andere und wir gönnen uns eine letzte Dusche im Marmor-Bad.

Da wir von Uchisar so gut wie nichts gesehen haben, beschließen wir einen kleinen Rundgang zu machen und irgendwo eine Kleinigkeit Abend zu essen.

 

Das mit der Kleinigkeit hat aber nicht geklappt. Essen ist in der Türkei wohl meistens üppig, aber wir hatten das immer noch nicht begriffen. Ein Essen hätte gereicht uns beide mehr als satt zu machen. In Gedanken beschäftigen wir uns schon mit der Abreise am nächsten Morgen, und uns wird klar ab morgen sind wir auf dem Weg zurück. Ein vorerst letztes Mal blicken wir auf die Höhlenwohnungen im orangenen Licht der Straßenlaternen.