Via SMS wurden wir schon darüber informiert, dass es in Italien regnen wird. Wir gehen also auf das Sonnendeck, um noch mal die warme, sonnige, Vitamin-D-bildende Strahlung auszukosten.

 

Im Gegensatz zur Hinfahrt, ist diese Fähre sehr viel schmuddeliger. Die Duschen werden nicht so oft gereinigt, und auch das Personal ist muffiger. Viele Hunde werden Gassi geführt. Und weil ich beobachte, wo die überall hinpiseln, werde ich garantiert nicht auf dem Boden schlafen. Für das große Geschäft gibt es gottseidank eine extra Sandbox. Tilman packt die Badehose aus, und geht ins Salzwasser. Nein, keine Angst, nicht ins Meer, sondern in den Minipool direkt an Bord. Das wollte er schon auf der Hinfahrt, nur war da die Badehose nicht mit an Deck. Schläfrig hängt er im Rettungsring ab.

Bevor er richtig einpennt, krabbelt er raus und wird zum Grillhähnchen. Wenn er das mal nicht bereuen wird. Mir wird die Sonne zu viel und ich verkrümel mich in den Schatten.

 

Dort komme ich ins Gespräch mit zwei sehr netten älteren Damen, die grade auf dem Heimweg sind. Angeregt plaudern wir über dies und das, und die Zeit vergeht wie im Flug. Tilman, der das Rösten beendet hat, gesellt sich zu uns. Eine Weile bleiben wir noch, doch dann rühren sich unsere Mägen. Essenszeit.

 

Tilman hat sich ja schon auf das Gyros gefreut. Doch es erwartet ihn eine herbe Enttäuschung. Das Gyros ist nicht mal halb so gut wie auf dem anderen Schiff, und sogar noch teuerer. Ich knabber an dem Brot rum. Ziemlich trockene Angelegenheit. Da hol ich mir lieber Kekse und Trauben aus unserem Proviant.

 

Ich entscheide, dass jetzt die richtige Zeit ist zum Duschen. Es ist wenig los und der Boden in der Dusche recht trocken. Eine gute Entscheidung. Anschließend setzte ich mich an ein Tischchen und schreibe auf dem Laptop Diary-texte bis die Accus leer sind. Tilman geht derweil auf Paparazzipirsch.

Der Sonnenuntergang ist grandios. Aber es wird auch empfindlich kalt. Oder sind wir die Temperaturen nicht mehr gewöhnt? Jedenfalls holen wir die dicken Jacken und „vermummen" uns. Tilman macht mir Sorge. Er sitzt da im Pulli, plus dickem Fleece drüber und bibbert vor sich hin. Vielleicht doch zuviel Sonne?

Wir sitzen am Tisch mit den Harley-Fahrern und lauschen deren Geschichten. Leider kann ich mich nicht mehr an die Namen erinnern. Nur daran, dass einer eine Tankstelle ganz bei uns in der Nähe hat, in ...........

 

Alle Mann schwören bierseelig auf Harley, und dass man damit genau wie mit einer Enduro überall hinkommt. Unsere zweifelnde Meinung behalten wir für uns. Lieber lauschen wir weiter den Geschichtchen und amüsieren uns. Nachdem x-ten Bierchen verabschieden sich unsere Animateuer in ihre Kabinen.

 

Wir sind total fertig von der vielen Sonne, der frischen Meerluft und der nicht gerade üppigen Schlafmenge der Nacht zuvor. Ich verpacke noch kurz mein Fingerchen neu, dann holen wir die Schlafsäcke und schleppen uns übers Decke auf der Suche nach einem einigermaßen passablen Nachtlager.

 

Zwei Plastikbänke sind frei. Die reißen wir uns unter Nagel und versuchen es uns so gut es geht gemütlich zu machen. Der kühle Fahrtwind bewegt uns dazu, die Pullis lieber anzulassen. Wir verstauen die Wertsachen tief im Schlafsack.

Für mich geht das auf der Bank ganz gut. Nur bewegen darf ich mich nicht allzu sehr, sonst lauf ich Gefahr runterzufallen. Für Tilman ist das eine wahre Qual. Er ist zu groß für die kurzen Bänke, und die Sitzfläche ist super schmal. Der Schlaf übermannt uns also immer nur Minutenweise.

Der Morgen bricht an.

 

Die Crew lässt die Rollos am Kiosk erbarmungslos hochrattern. Erstmal die Reste vom Proviant zum Frühstück verputzen. Wir genehmigen uns einen heißen Kaba und einen großen Kaffee. Die 5,90 € die uns dafür abgeknöpft werden, empfinden wir als Abzockerei. Jetzt sind wir noch im Besitz von 8,- € Bargeld. Die sparen wir für bis zum nächsten Tankstop oder einer neue Batterie.

 

Wir diskutieren, wie wir nach der Ankunft weiter verfahren sollen. Da es hell ist, können wir zumindest nach Außerhalb von Venedig fahren. Dort eine Tankstelle suchen und für die Kischt eine neue Batterie kaufen. Da gibt es dann sicherlich auch eine neue H4-Birne für meinen Nils.

 

Nachdem wir das geklärt haben, schauen wir der Einfahrt in Venedigs Hafen entspannt entgegen. Leider ist es ein ziemlich trüber und regnerischer Tag. Das tut unserer Laune aber keinen Abbruch. Gemütlich steigen wir in die Motorradkluft und packen den Rest unseres Gepäcks zusammen.

 

Zusammen mit den anderen Fahrern, werden wir aufgefordert unsere Fahrzeuge aufzusuchen. Aus der Erfahrung der Hinfahrt, wissen wir, dass wir nicht in Hektik ausbrechen müssen. Das Schiff muss ja erst anlegen, die Rampe öffnen und alle Fahrzeuge, die nach uns gekommen sind, zuerst rauslassen. Unsere Motorräder sind soweit startklar und wir beobachten den Auszug der Fahrzeuge.

 

Da fährt doch glatt ein Motorrad an uns vorbei mit Pforzheimer Kennzeichen. Wo waren die denn? Schade, dass wir die auf dem Schiff nicht getroffen haben. Oder haben die sich uns nicht zu erkennen gegeben? Wir haben keine weitere Zeit darüber nachzudenken. Nils gibt der Kischt Starthilfe und wir fahren vorsichtig die Rampe runter auf's Kai. Unter einem Dach haben sich die meisten Zweiradfahrer gesammelt, und ziehen ihre Regensachen über. Optimistisch lassen wir das bleiben. Die paar Tropfen machen uns nichts aus. Keine große Verabschiedung, nur ein kurzes „bye, bye vielleicht sieht man sich mal wieder" und weiter geht's.

Wir sind fast aus Venedig draußen aber noch auf der linken einer zweispurigen Staße, da passiert es: Die Kischt gibt total den Geist auf. Alle Kontrolllampen gehen nochmal kurz an und verweigen dann, wie die Blinker und das Bremslicht ihren Dienst. Rollenderweise bewegen wir uns von der Überholspur auf den Standstreifen, begleitet von einem Hupkonzert von allen Seiten.

 

Kurz zuvor hatten wir eine Kreuzung passiert. Dorthin schieben wir, mangels Platz auf der Straße, sitzend und rückwärts rollend unsere Motorräder. An der Fußgängerampel ist Platz für unsere Mopeds.

 

Tilman nimmt alles Gepäck ab, um an die Elektrik und die Batterie ranzukommen. Erschreckt stellt er fest, dass die Batterie einen kleinen Riss hat, wohl ausgelaufen und zu nichts mehr zu gebrauchen ist. Kein Wunder, dass er die letzte Zeit immer wieder diese Aussetzer am Licht hatte. Und gut, dass nicht mehr passiert ist.

 

Gegenüber ist ein kleiner Reifenhändler, vielleicht kann uns da weitergeholfen werden. Nicht ganz. Dort bekommt Tilman die Info, dass er zum nächsten Obi fahren muss, weil am Samstag die anderen Läden mittags zu haben.

Zu allem Übel fängt es genau jetzt auch noch richtig mit regnen an. Wir laden also auch noch mein Gepäck ab. Über die Kischt kommt der Extraboden vom Zelt, und ich da drunter. Tilman fährt mit meim Nils und seinem Navi zum Obi. Das sieht vielleicht ulkig aus. Der große Kerl auf meinem kleinen Moped. Ich warte im Regen unter der Plane.

 

Es dauert doch länger als ich dachte bis Tilman wieder da ist, und so kann ich mir meine Gedanken zu unserer Reise machen. Ein bischen ist das wie tauchen. Am Anfang bewegst du dich in der Schnorchelzone. Guckst erstmal so aus der Ferne was es zu sehen gibt, und dann bewegst du dich nach unten, immer tiefer tauchst du ein in das Land, die Kultur und wenn du anfängst dich heimisch zu fühlen, musst du auftauchen. Schneller als du denkst bist du wieder auf dem Weg nach oben.

 

Nach einer gefühlten Ewigkeit, kommt auch Tilman wieder „angebraust". Er hat eine passende Batterie, eine H4-Birne für mich und Kabel bekommen, und alles bauen wir auch gleich ein. Es sind schon fast 2 Stunden vergangen, seit wir an der Ampel festsitzen. Leider muss ich sagen, dass die Gastfreundlichkeit doch echt zu wünschen übrig lässt. In der Türkei oder in Griechenland, wären wir keine 2 Minuten alleine dagestanden und schon wäre jemand gekommen und hätte gefragt ob wir Hilfe brauchen. Wir sind definitiv zurück.

Die Batterie ist eingebaut und die Kischt braucht keine Starthilfe mehr. Das Licht von Nils H. strahlt auch wieder vor sich hin. Also Gepäck auf die Maschinen laden und weiter geht es. Ein paar Kilometer Richtung Dolomiten wollen wir noch schaffen.

 

Die Tankuhren sagen, wir sollten demnächst tanken. Kein Ding, denken wir. Und wieder müssen wir feststellen, dass wir ganz schön verwöhnt sind. Hier gibt es nicht alle 20/30 km eine Tankstelle. Hier müssen wir richtig suchen um eine zu finden. Außerdem ist es Samstagnachmittag nach 16 Uhr. Das war in den südlicheren Ländern kein Problem. Doch jetzt bedeutet das, dass die Tankstellen nicht mehr offen sind, sondern nur über Automat bedient werden können. Welch ein Unterschied zum nicht selber tanken müssen und je 24 Stunden, sieben Tage lang immer irgendwo eine offene Tankstelle und Menschen zum reden finden zu können.

Der Regen frisst unsere gute Laune. An einen Campingplatz bei dem Sauwetter ist nicht zu denken. Ein Hotel oder eine Pension muss her.

 

Langsam kriecht die Feuchtigkeit durch die Regenklamotten. In Bribano werden wir fündig. 95 € die Nacht mit Frühstück ist schon ein Wort, aber die Zimmer sind super sauber und wir haben auch keine Lust mehr noch was andres zu suchen. Der Rezepzionist gibt uns noch einen Tip für eine kleine Taverne mit gutem und günstigem Essen. Er hat uns da nicht zuviel versprochen. Im „Antica Bribano" lässt es sich vorzüglich speisen.

Jetzt spüren wir auch die Anstrengung der letzten Tage mit viel Sonne und wenig Schlaf. Tilman fällt vor Müdigkeit fast in seine Spaghetti rein. Gut das, dass Hotel nur 2 Minuten Fußweg entfernt ist. Der Sonnenbrand auf seinen Oberschenkeln quält Tilman beim laufen sehr, und im Hotel reicht die Kraft grad noch für Ausziehen und ins Bett fallen. Dann hör und seh ich nichts mehr von ihm bis er morgens um 9 Uhr aufwacht. Fast 12 Stunden Komaschlaf. Ich habe in der Zeit noch ein wenig Diary-texte geschrieben, geduscht und Kontakt mit meiner Cousine in München aufgenommen. Dort wollen wir noch mal zwischenlanden, bevor wir entgültig den Heimweg antreten.